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Lexikon der Mathematik: Stammfunktionen gewisser algebraischer Funktionen

Stammfunktionen zu reellwertigen Funktion f einer reellen Variablen x, die einer Gleichung der Form \begin{eqnarray}{a}_{n}(x){(f(x))}^{n}+\cdots +{a}_{1}(x)f(x)+{a}_{0}(x)=0\end{eqnarray} genügen, wobei av = av(x) reelle Polynome (mit an ≠ 0) sind, und n eine natürliche Zahl ist. Insbesondere können also Wurzelausdrücke auftreten. Ist f von der Form \begin{eqnarray}f(x)=R\left(x,\sqrt[n]{\frac{\alpha x+\beta}{\gamma x+\delta}}\right)\end{eqnarray}(1) mit αδβγ ≠ 0 und einer rationalen Funktion (von zwei Veränderlichen) R, so substituiert man \begin{eqnarray}s:=\sqrt[n]{\frac{\alpha t+\beta}{\gamma t+\delta}}.\end{eqnarray} Dann ist \begin{eqnarray}{s}^{n}=\frac{\alpha t+\beta}{\gamma t+\delta},\end{eqnarray} also \begin{eqnarray}t=\frac{\delta {s}^{n}-\beta}{-\gamma {s}^{n}+\alpha}\end{eqnarray} und \begin{eqnarray}t^{\prime} (s)=n{s}^{n-1}\frac{\alpha \delta -\beta \gamma}{{(-\gamma {s}^{n}+\alpha)}^{2}}.\end{eqnarray} Damit ist dieser Typ zurückgeführt auf die Inte-gration rationaler Funktionen. Speziell erfaßt werden so (mit γ = 0, δ = 1) Integrale der Form \begin{eqnarray}\mathop{\int}\limits^{x}R(t,\sqrt{\alpha t+\beta})dt.\end{eqnarray} Bei Funktionen der Art \begin{eqnarray}R(t,\sqrt{\alpha {t}^{2}+2bt+c})\end{eqnarray} mit \(a,b,c,\in {\mathbb{R}}\)R wie oben und ohne Einschränkung a ≠ 0 formt man um \begin{eqnarray}\begin{array}{ccl}a{t}^{2}+2bt+c & = & \frac{1}{a}[{a}^{2}{t}^{2}+2bat+ac]\\ & = & \frac{1}{a}[{(at+b)}^{2}+(ac-{b}^{2})],\end{array}\end{eqnarray} hat also o. B. d. A. acb2 ≠ 0. Man unterscheidet die vier möglichen Vorzeichenkombinationen von a und acb2. Der Fall a < 0 und acb2 > 0 tritt nicht auf, da der Definitionsbereich der betrachteten Funktion leer wäre. In den anderen drei Fällen gelingt mit \begin{eqnarray}s:=\frac{at+b}{\sqrt{|ac-{b}^{2}|}}\end{eqnarray} eine Reduktion auf die folgenden Normalformen \begin{eqnarray}{R}_{1}(t,\sqrt{1-{t}^{2}}),{R}_{1}(t,\sqrt{1+{t}^{2}}),{R}_{1}(t\sqrt{{t}^{2}-1})\end{eqnarray} mit jeweils einer geeigneten rationalen Funktion R1(von zwei Veränderlichen).

Es sei beispielhaft die erste Normalform kurz behandelt.

Erste Methode: \(t,\sqrt{1-{t}^{2}}=\sqrt{\frac{1+t}{1+t}}(1+t)\), falls 1 + t > 0. Damit hat man eine Funktion des Typs (1). Dieser Weg ist allerdings oft unzweckmäßig.

Zweite Methode: Rationale Substitution, z. B. \begin{eqnarray}t=\frac{1-{s}^{2}}{1+{s}^{2}}.\end{eqnarray}

Hier erhält man \begin{eqnarray}s=\sqrt{\frac{1-t}{1+t},}\end{eqnarray}\begin{eqnarray}\sqrt{1-{t}^{2}}=\frac{2s}{1+{s}^{2}},\end{eqnarray} falls s ≥ 0, und \begin{eqnarray}{t}^{\prime}(s)=\frac{-4s}{{(1+{s}^{2})}^{2}},\end{eqnarray} und hat so die Aufgabe auf die Integration rationaler Funktionen zurückgeführt.

Dritte Methode: Transzendente Substitution: t = cos s, dann hat man \(\sqrt{1-{t}^{2}}=\sin s\) und t′(s) = −sin s, erhält damit eine rationale Funktion in sin und cos und so eine Zurückführungauf Stammfunktionen gewisser transzendenter Funktionen.

Bei Stammfunktionen zu Funktionen vom Typ \begin{eqnarray}R(t,\sqrt{p(t)})\end{eqnarray} mit R wie oben und einem Polynom p vom Grad 3 oder 4 spricht man von elliptischen Integra-len. Diese treten bei der Längenbestimmung von Ellipsen auf. Sie lassen sich im allgemeinen nicht mehr elementar berechnen (sonst nennt man sie pseudo-elliptisch). Ist der Grad von p größer als 4, so spricht man von hyperelliptischen Integralen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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