Lexikon der Neurowissenschaft: limbisches System
limbisches System [von latein. limbus = Streifen, Gürtel],E limbic system, miteinander eng verknüpfte Areale von Großhirn, Diencephalon und Mesencephalon, die den limbischen Lobus beinhalten. Der Begriff limbisches System wird bezüglich zugehöriger Hirnregionen und Funktionen sehr heterogen verwendet. Ursprünglich von Broca geprägt, wurde er von Papez wieder aufgegriffen, der den nach ihm benannten Papez-Kreis (s.u.) beschrieben hat. Dieses geschlossene Kreissystem wurde als die anatomische Basis für emotionale Reaktionen (Emotionen) betrachtet. Später wurden die Amygdala, das Geruchssystem und die Verbindungen zum Hypothalamus hinzugefügt und das Ganze zeitweise auch als Rhinencephalon oder als viscerales und emotionales Gehirn bezeichnet. Vergleichend neuroanatomische, physiologische und klinische Untersuchungen haben dann jedoch gezeigt, daß das limbische System neben der Kontrolle des affektiven Verhaltens (Angst, Wut, Sexualität, Aggression) an Lernprozessen (Lernen) beteiligt ist und eine wichtige Rolle bei der Abspeicherung von Gedächtnisinhalten (Gedächtnis) spielt. So wird das limbische System heute als Assoziationssystem betrachtet, das Sinnesimpulse (also Informationen von der Umwelt) verarbeitet und mit den individuellen körperlichen Bedürfnissen in Einklang bringt. Mehrere miteinander vernetzte, parallele Schaltkreise können unterschieden werden ( siehe Abb. ): 1) Der Papez-Kreis: Vom Hippocampus fließen Erregungen über den Fornix dem Corpus mamillare zu. Von diesem zieht der Tractus mamillothalamicus zu den limbischen Kernen des Thalamus(Nuclei anteriores thalami) und weiter zum Gyrus cinguli. Vom Gyrus cinguli fließen die Erregungen über das Cingulum zum entorhinalen Cortex und finden so wieder Eingang zur Hippocampusformation. Der Papez-Kreis wird durch Informationen aus allen Sinnessystemen gespeist, die über Gyrus cinguli und Cingulum den entorhinalen Cortex erreichen bzw. direkt in diesen gelangen. Als Efferenz des Papez-Kreises kann der Fasciculus mamillotegmentalis betrachtet werden. Beidseitige Unterbrechungen dieses Schaltkreises, ob durch operative Eingriffe (Hippocampektomie oder Fornicotomie bei Epilepsie), durch Nervenzelluntergang in Folge von Schlaganfällen oder bei der Alzheimer-Krankheit, führen zu einem Verlust der räumlichen Orientierung und der Fähigkeit, neue Erinnerungsinhalte abzuspeichern. Der Papez-Kreis spielt also eine Schlüsselrolle für Gedächtnis und Lernen. Die Abspeicherung der Gedächtnisinhalte erfolgt jedoch nicht im limbischen System, sondern im Neocortex. 2) Die Septum-Schleife besteht aus einer reziproken Verbindung zwischen dem Hippocampus (Feld CA3) und den Septumkernen. Sie beinhaltet den präcommissuralen Teil des Fornix. Diese Projektion aus dem basalen Vorderhirn führt dem Hippocampus Impulse zu, die Acetylcholin als Neurotransmitter freisetzen. 3) Die Mandelkern-Schleife startet in der Riechrinde (Gyrus piriformis), zieht zu den zentralen Kernen der Amygdala und mündet von dort direkt oder nach Umschaltung im basalen Vorderhirn in den Hypothalamus. Von hier zieht eine starke Projektion zu den monoaminergen Kerngebieten im Tegmentum des Mittelhirns. Im Nebenschluß ist die Amygdala mit dem entorhinalen Cortex verbunden. Diese Schleife beeinflußt Wachheit, gerichtete Aufmerksamkeit und Motivation und ist beteiligt an der emotionalen Einfärbung von Erinnerungsinhalten. Schmerz, Streß.
limbisches System
Medianschnitt durch das Großhirn des Menschen mit Darstellung einiger Strukturen des limbischen Systems (Klingler-Präparat, Anatomisches Museum Basel). Der Gyrus cinguli (grün markiert) sendet dem Hippocampus Informationen zu, an dessen Oberrand im Temporallappen die Fimbria entspringt, welche sich in den Fornix fortsetzt. Dieser zieht in einem Bogen nach vorne unten und endet im Corpus mamillare. Von diesem entspringt das Vicq d´Azyr-Bündel (Tractus mamillothalamicus), welches zum Nucleus anterior thalami zieht. In Höhe der Commissura anterior verläßt ein kleiner Ast den Fornix und zieht zum basalen Vorderhirn.
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