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Lexikon der Astronomie: Hintergrundmetrik

Eine Hintergrundmetrik ist eine Raumzeit (= Metrik) in der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART), die sich nicht verändert und in diesem Sinne wie ein unveränderlicher Hintergrund fungiert. Die Raumzeit bleibt einfach wie sie ist.

Geht das?

Eigentlich verbietet die mathematische Struktur der ART eine solche Hintergrundmetrik, denn wie aus den Einsteinschen Feldgleichungen hervorgeht, beeinflusst jede Energieform die Dynamik der Raumzeit, weil sie als Masse die Raumzeit lokal krümmt. Die ART ist also hintergrundunabhängig oder wie es hochtrabend ausgedrückt wird diffeomorphismusinvariant.
Andererseits kann man in bestimmten Fällen 'ein Auge zudrücken': Stellen wir uns ein Photon vor, das sich unschuldig in der Nähe eines Schwarzes Lochs bewegt. Lokal krümmt die Energie des Photons sicher die Raumzeit – der Effekt ist jedoch so klein, dass es zulässig ist, die Bewegung des Photons approximativ (näherungsweise) vor dem Hintergrund der Metrik des Schwarzen Loches zu beschreiben.

Einsatzgebiete von Hintergrundmetriken

In der numerischen Relativitätstheorie, z.B. in Simulationen zur Hydrodynamik oder Magnetohydrodynamik ist es üblich und sogar weit verbreitet, die Bewegung der Flüssigkeit (Fluidum) vor einer Hintergrundmetrik zu formulieren. Die Metrik bleibt wie sie ist. So ist es in Ordnung, die Ausbreitung relativistischer Jets von Aktiven Galaktischen Kernen im Rahmen einer speziell relativistischen Hydrodynamik/Magnetohydrodynamik (SRHD, SRMHD) mit der Minkowski-Metrik als Hintergrund zu beschreiben. Der Fehler ist gering, weil der optisch dünne Jet kaum die Raumzeit deformiert. Ein Jet ist eben weit davon entfernt, eine kompakte Masse zu sein.
Ähnlich verhält es sich in GRMHD-Simulationen, z.B. Akkretionsflüssen, die sich in der Umgebung Schwarzer Löcher bewegen. Die Lochmetrik ist üblicherweise eine Hintergrundmetrik.
Auch in Stringtheorien werden Strings und Branen vor Hintergrundmetriken beschrieben, so dass die Stringtheorien nicht diffeomorphismusinvariant sind.

Extreme, wo Hintergrundmetriken versagen

Im Allgemeinen muss die Rückwirkung der Massen/Energien auf die Raumzeit berücksichtigt werden. Die Relativisten sprechen in diesem Fall explizit auch von dynamischen Raumzeiten. Extreme Beispiele dynamischer Raumzeiten sind Paare aus Neutronensternen (engl. binary pulsars) oder aus Schwarzen Löchern, der Gravitationskollaps massereicher Sterne in Supernovae oder Hypernovae, Gamma Ray Bursts, die Akkretion einer massereichen, dicken Materiescheibe (z.B. Torus) auf ein kompaktes Objekt.

Lösung: anspruchsvolle Computercodes

Es gibt bereits numerische Codes, die die Entwicklung dynamischer Raumzeiten berechnen können. Ein modernes Beispiel ist der GRMHD-Code von Duez, Liu, Shapiro & Stephens, Phys. Rev. D 72, 024028, 2005, der das volle Einstein-Maxwell-Gleichungssystem in Achsensymmetrie löst und die Zeitentwicklung einer Anfangsmetrik ausrechnet. Dabei bilden sich wohl bekannte Störungen in der Raumzeit aus, die sich wellenförmig fortpflanzen: Gravitationswellen. Sie vermitteln gerade die Dynamik der Raumzeit.
Solche Codes ermöglichen das Studium interessanter, astrophysikalischer Fragestellungen auf völlig neuem Terrain. Der Vergleich mit astronomischen Beobachtungen zeigt, ob die Vorstellungen der Simulatoren richtig ist und ihr Code funktioniert.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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