Lexikon der Geowissenschaften: Fossillagerstätten
Fossillagerstätten, sind bezüglich Qualität und/oder Quantität der überlieferten Organismen außerordentliche Fundorte ( Abb. ). Es sind stets räumlich und stratigraphisch begrenzte Gesteinskörper, welche sich durch spezielle Fossilgenesen auszeichnen und für Fragestellungen unterschiedlichster Art besonders geeignetes Untersuchungsmaterial bereitstellen. Die Fragestellungen können u.a. paläobiologisch, paläoökologisch, taphonomisch, faziell, aber auch sedimentologisch, diagenesekundlich oder geochemisch ausgerichtet sein. Dafür müssen die Lagerstätten hinsichtlich ihres Fossilinhaltes eines oder mehrere folgender Kriterien erfüllen: a) Häufigkeit, b) Diversität, c) Erhaltungsqualität. Als genetische Haupteinheiten werden Konzentrat- und Konservatlagerstätten unterschieden.
Konzentratlagerstätten enthalten oft einzelne Fossilgruppen mit besonderer Häufigkeit (Ammoniten-, Mollusken-, Trilobiten-, Brachiopoden- oder Echinodermen-Coquinas). Obwohl die Erhaltungsqualität häufig limitiert ist, sind Konzentratlagerstätten wegen ihrer besonderen Genese von Interesse. Ihre Entstehung erfordert i.d.R. chemischen oder mechanischen Schutz vor Fossilzerstörung, Präfossilisation und multiple Aufarbeitung mit einhergehender Fossilkonzentration. Dabei unterliegt das primäre Organismenspektrum starker Veränderung. Von besonderer Bedeutung sind durch Mangelsedimentation, Ommission und Subsolution gebildete Kondensatlagerstätten (insbesondere Ammoniten-Coquinas) sowie durch multiple Sturmereignisse (Tempestit) gebildete Schalenanreicherungen. Auch bonebeds entstehen am Ende regressiver Zyklen oder zu Beginn von Transgressionen als tempestitische Konzentratlagerstätten. Aufgrund des spezifisch hohen Gewichts der phosphatischen Überreste werden sie als Seifenlagerstätte ("placer deposit") bezeichnet. Ähnliche Wirbeltierseifen können fluviatil entstehen. Schichtungebundene Konzentratfallen sind an Hohlräume gebunden, welche v.a. Schutz vor mechanischer Zerstörung, aber ggf. durch Pufferung der Porenwässer auch vor chemischer Korrosion bieten. Dazu gehören Karstschlotten, neptunische Spalten, aber auch Grabgangfüllungen und Hohlräume in Fossilschalen, z.B. in Wohnkammern von Ammoniten.
Konservatlagerstätten zeichnen sich durch die besondere Qualität der Fossilerhaltung aus. Demgegenüber ist die Fossilhäufigkeit oft gering. Man unterscheidet Obrutions- und Stagnatlagerstätten als Endglieder einer Mischungsreihe. Obrutionslagerstätten (Verschüttungslagerstätten) entstehen durch schnelle Verschüttung mit Sediment, welches von gravitativ verfrachteten Resedimenten (z.B. Turbiditen) und beckenwärts gerichteten Tempestit-Rückströmungen stammt. Die beste Erhaltungsqualität garantieren tonig-siltige Sedimentschüttungen, insbesondere wenn sie einen dysaeroben (dysaerobe Fazies) oder anoxischen Einschluß der organischen Reste gewährleisten. Ein solcher kann durch den (zumindest teilweise mikrobiell beeinflußten) Zerfall der organischen Reste eine frühdiagenetische Mineralisierung oder Konkretionsbildung bewirken. Typischerweise führen Obrutionslagerstätten auf Schichtflächen weitgehend artikulierte, unter anderen Einbettungsumständen jedoch i.d.R. zerfallene Multielement-Skelette, z.B. Trilobiten oder Echinodermata. Vor allem Echinodermata sind wegen der leichten Verstopfung ihres mit dem Meerwasser kommunizierenden Ambulacral-Systems in Obrutionslagerstätten stets überrepräsentiert. Sessiles Epibenthos (Epibionth) ist in situ überliefert, ebenso Endobenthos (Endobionth) in seinen Grabbauen. Besonders bekannte Obrutionslagerstätten sind der Hunsrückschiefer und der Burgess Shale.
Stagnatlagerstätten sind mit Anoxia im Bodenwasser und/oder der Wassersäule verknüpft, die einerseits Bodenleben, Bioturbation und Saprophagie (Saprophage), andererseits Verwesungsprozesse verhindern und so eine Überlieferung artikulierter Skelette inklusive von "Weichteilen" als organische Filme oder frühdiagenetische Mineralimprägnationen (Pyrit, Phosphat) ermöglichen. Stagnatlagerstätten können limnischen und marinen Ursprungs sein. Schwarzschiefer, wie z.B. der oberliassische Posidonienschiefer oder auch die eozäne Ölschieferlagerstätte Messel, sind typische Beispiele. Lithographische Kalksteine (Plattenkalke) wie der Solnhofener Plattenkalk sind ebenfalls Stagnatlagerstätten, wobei anoxische Bedingungen durch saline Dichteschichtungen in austauscharmen, lokalen Becken hervorgerufen werden.
Schichtungebundene Konservatfallen sind an lokale Phänomene geknüpft, die durch Luftabschluß oder den Entzug von Feuchtigkeit eine Verwesung verhindern. Besonders erwähnenswert sind Bernstein-Lagerstätten sowie die Überlieferung von Wirbeltieren in Asphalt-Seen sowie in Permafrost-Spalten oder als Höhlenmumien. [HGH]
Fossillagerstätten: Ablagerungsräume und Lagerstättentypen. Fossillagerstätten:
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