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Lexikon der Astronomie: Standardscheibe

Die Standardscheibe ist die Bezeichnung für einen Materieströmung, die um ein zentrales, kosmisches Objekt rotiert. Der Materiefluss sammelt sich in einer flachen Scheibe, der so genannten Akkretionsscheibe.

Was ist Akkretion?

Akkretion ist der Vorgang des Aufsammelns von Materie, der in sehr vielen kosmischen Objekten stattfindet: von sehr jungen Sternen wie den Protosternen über kompakte Objekte wie Weißen Zwergen oder Neutronensternen bis hin zu den Schwarzen Löchern unterschiedlichster Massen (stellar, mittelschwer, supermassereich) wird Materie aus der Umgebung durch das Gravitationsfeld angezogen und bewegt sich auf das Zentralobjekt zu. Dabei bildet sich der Akkretionsfluss (engl. accretion flow) aus, der ganz unterschiedliche Eigenschaften haben kann. Er wird ganz allgemein z.B. durch geometrische Form, Geschwindigkeitsfeld, Temperatur- und Dichteverlauf, Viskosität (Zähigkeit der Strömung), andere thermodynamische Größen wie der Entropie, der Gestalt und Stärke des Magnetfelds charakterisiert.

prominenter Spezialfall: Standardscheibe

Die Standardscheibe ist einer von vielen Akkretionsflüssen, die Fachleute sprechen von Akkretionslösungen (nämlich Lösung eines bestimmten Satzes von Differentialgleichungen). Sie ist eine selbst-konsistente, analytische Lösung, die auf der reinen Hydrodynamik (keine Magnetfelder) basiert. Astrophysiker nennen sie auch Standardakkretionsscheibe (engl. standard accretion disk, SAD) oder Shakura-Sunyaev Disk (SSD). Letzteres ist eine Benennung nach den Pionieren, die im Rahmen eines theoretischen Modells die nicht-relativistische Standardscheibe 1973 gefunden haben (Shakura & Sunyaev, A&A 24, 337, 1973). Kurze Zeit später wurde die SSD-Lösung relativistisch verallgemeinert (Novikov & Thorne, Black Holes 343, 1974).

Eigenschaften der Standardscheibe

  • Die Strömung rotiert in einer flachen Materiescheibe. Die Akkretionsphysiker sagen, die Standardscheibe sei geometrisch dünn. Dies kann man parametrisieren, indem man das Verhältnis von Scheibenhöhe H und typischen Scheibenradius R bildet. H/R heißt Skalenhöhe. Sie ist für Standardscheiben viel kleiner als 1 (entsprechend sind Gebilde mit H/R ~ 1 geometrisch dick wie z.B. der ADAF).
    Rotierende Materie besitzt physikalisch gesprochen Drehimpuls. Der Akkretionsfluss muss zu einer Scheibe abflachen, weil dieser Zustand energetisch günstiger ist und von der Drehimpulserhaltung diktiert wird. Die Scheibenform bzw. Achsensymmetrie ist gerade die korrespondierende Symmetrieeigenschaft zum erhaltenen Drehimpuls. Dieser Effekt gilt für alle rotierenden, kosmischen Scheiben (protostellare, protoplanetare oder galaktische Scheiben, Spiralgalaxien). Ein paar Zeilen weiter werden wir sehen, dass bei der Abflachung auch die Strahlung eine wesentliche Rolle spielt.
  • Die Bewegung der Materie in der Scheibe setzt sich aus einer Rotationsbewegung um das Zentralobjekt und einer Bewegung in Richtung des Zentralobjekts zusammen. Die Rotationsbewegung kann sehr gut mit den Kepler-Gesetzen beschrieben werden: Astrophysiker sagen, Standardscheiben haben ein Keplersches Geschwindigkeitsprofil. Es ist dadurch charakterisiert, dass die Winkelfrequenz mit dem Radius nach außen gemäß r-3/2 abfällt. Weil die Geschwindigkeit das Produkt aus Winkelfrequenz und Radius ist, folgt sofort, dass die Keplergeschwindigkeit mit r-1/2 abfällt. Die Rotationsbewegung ist demnach vergleichbar mit derjenigen der Planeten im Sonnensystem: Die Umlaufgeschwindigkeit nimmt mit der Annäherung an das Zentralobjekt zu. Es gibt allerdings einen innersten Rand der Scheibe, denn stabile Rotation bricht an der marginal stabilen Bahn zusammen. Dieser Innenrand heißt auch innerste stabile Kreisbahn (engl. innermost stable circular orbit, ISCO). Die langsame Einfallbewegung zum Zentralobjekt nennt man radiale Drift.
  • Das Scheibenmaterial bewegt sich mikroskopisch wie eine zähe Flüssigkeit turbulent – also ungeordnet. Das Keplersche Geschwindigkeitsprofil ist demgegenüber eine geordnete, makroskopische Bewegung. Sie bedingt, dass benachbarte (idealisiert gedachte) Ringe von Scheibenmaterial unterschiedlich schnell rotieren. Die 'Flüssigkeitsringe' stehen miteinander in Verbindung, so wie die Teilchen in einer Flüssigkeit locker zusammen gehalten werden. Doch die Rotation verschiebt die Ringe gegeneinander. Bei dieser Scherung wird dem Scheibenmaterial turbulente Bewegungsenergie entzogen und in Wärmeenergie umgewandelt. Generell heißt die Umwandlung einer Energie in Wärmeenergie Dissipation. Die Dissipation in Standardscheiben ist eine Folge der turbulenten, hydrodynamischen Viskosität. Die Akkretionsphysiker sprechen gerne von einer viskosen Heizung.
  • Der Temperaturverlauf in der Standardscheibe ist auf der Grundlage des Modells nach Shakura & Sunyaev genau bekannt: Die Scheibentemperatur T folgt einem Potenzgesetz und nimmt nach innen mit dem Radius r zu: T proportional zu r -3/4; sie nimmt mit der Masse M des Zentralobjekts ab: T proportional zu M -1/4, und sie steigt leicht mit der Akkretionsrate in der Potenz 1/4 an. Die Maximaltemperatur am Innenrand hängt generell von der Masse des Zentralobjekts, der Akkretionsrate (aufgesammelte Masse pro Zeit) und dem Ort des Innenrands (ISCO) ab. Eine typische Maximaltemperatur in der Nähe eines supermassereichen Schwarzen Loches von 100 Millionen Sonnenmassen ist etwa eine Million Kelvin! Das entspricht etwa einem Zehntel der Zentraltemperatur der Sonne. Diese hohen Temperaturen belegen, dass das Scheibenmaterial häufig ein Plasma ist. Atomare und molekulare Standardscheiben sind nur bei tieferen Temperaturen denkbar. Dennoch spricht man oft von kalten Standardscheiben. Diese Bezeichnungsweise hat sich ergeben, weil es einen noch deutlich heißeren Akkretionsfluss gibt, den ADAF.
  • Die Strahlung der Standardscheibe ist thermisch. Man kann sich die dünne Scheibe in Ringe zerlegt denken, von denen jeder Ring eine bestimmte Temperatur hat. Jeder Ring kann wie ein Planckscher Wärmestrahler behandelt werden, der bei einer bestimmten Wellenlänge (Farbe) sein Strahlungsmaximum annimmt. Das gesamte Spektrum der Standardscheibe ist entsprechend die Summe der Planck-Kurven aller Ringe. Astronomen nennen das resultierende Spektrum einen modifizierten Schwarzen Körper (engl. multi-color black body). Die optische Leuchtkraft der Standardscheibe steht gemäß L proportional zu M 4/3 in Beziehung zur Masse des aufsammelnden Zentralobjekts. Außerdem nimmt L auch mit der Akkretionsrate in der Potenz 2/3 zu.
  • Durch die Abstrahlung elektromagnetischer Wärmestrahlung verliert der Akkretionsfluss Energie. Die Kühlung ist bei Standardscheiben besonders effizient. Das heißt die thermische Energie des Materiestroms wird nahezu vollständig als Strahlungsenergie abgestrahlt. Das sorgt zusammen mit der Rotation dafür, dass der Akkretionsfluss in sich zusammenfällt – vertikal kollabiert: somit sind Standardscheiben dünne, abgeflachte Akkretionsflüsse.
  • Der gerade angesprochene vertikale Kollaps – das In-sich-Zusammenfallen – hat zur Konsequenz, dass das Scheibenmaterial verdichtet wird. Innerhalb der Scheibe kann sich elektromagnetische Strahlung kaum fortpflanzen, weil sie ständig gestreut, absorbiert, reemittiert und reabsorbiert wird (Strahlungstransport). Deshalb sind Standardscheiben mehr oder weniger undurchsichtig (opak) für elektromagnetische Wellen. Es sei angemerkt, dass es für die Eindringtiefe elektromagnetischer Wellen eine Abhängigkeit von der Energie (Farbe) der Strahlung gibt. Diese Eigenschaft der Undurchsichtigkeit bei Standardscheiben verlieh ihnen das Attribut optisch dick. Im Prinzip ist es wie beim Nebel des irdischen Wetters, nur dass der Nebel – fein verteilte Wassertröpfchen – die Strahlung schluckt (siehe auch optische Tiefe, Abkürzung τ).

Energiebilanz

Zusammenfassend kann man sagen, dass in Akkretionsflüssen wie den Standardscheiben Energieformen ineinander umgewandelt werden: Am Anfang steht die Gravitationsenergie, eine potentielle Energie, die Materie in einigem Abstand zum aufsammelnden Objekt (Akkretor) hat. Diese Energie der Lage wird im Falle der Standardscheiben zunächst vor allem in Rotationsenergie (Bewegungsenergie, kinetische Energie) umgewandelt. Scherung und Turbulenz bewerkstelligen eine Umwandlung in thermische Energie (mikroskopisch betrachtet auch eine kinetische Energie der Teilchen). Schließlich findet eine Umwandlung in Strahlungsenergie statt. Dieser letzte Umwandlungsprozess ist der entscheidende für die Astronomie, machen sich doch auf diese Weise die kosmischen Objekte aus großer Entfernung bemerkbar.

andere Akkretionsflüsse

Nach der vorangehenden Beschreibung kann man sich selbstverständlich fragen, weshalb nicht alle Akkretionsflüsse Standardscheiben sind. Mittlerweile weiß man, dass die Standardscheibe nur eine Akkretionslösung unter vielen ist. Historisch zeichnete sich sogar bald nach der Entdeckung der Standardscheiben ab, dass sie allein nicht ausreichen, um die Beobachtungen zu erklären: Das bemerkten die Astronomen bei den hochenergetischen (d.h. harten) Spektren einiger Röntgendoppelsterne wie Cyg X-1 in den 1970er Jahren. Das harte Spektrum ist der Bereich höchster Energien ab einigen keV. Es konnte nicht mit dem modifizierten Schwarzkörperspektrum der Standardscheiben erklärt werden. Es musste eine Komponente noch heißeren Plasmas geben. Das mittlerweile weithin akzeptierte Modell ist, dass es ein Reservoir heißen Plasmas, die so genannte Korona, gibt. Die direkte Wärmestrahlung dieser Quelle ist deutlich härter als bei Standardscheiben. Damit noch nicht genug: Niederenergetische (weiche) Photonen aus der Umgebung dringen in das weniger dichte, heiße Gas der Korona ein und werden zu noch höheren Strahlungsenergien gestreut. Dieser Prozess heißt Comptonisierung und erklärt die harten Spektren bis etwa 100 keV – das so genannte Compton-Kontinuum.
Wie die Korona beschaffen ist, welche geometrische Gestalt sie hat und wo sie sich genau im akkretierenden System befindet, ist nicht ganz klar. Es wurden eine Reihe von Modellen vorgeschlagen die unter dem Lexikoneintrag Korona diskutiert werden. Im Falle von Cyg X-1 wird angenommen, dass in der Umgebung eines stellaren Schwarzen Lochs eine Standardscheibe (als kalte Komponente) und ein ADAF (als heiße Komponente) existieren. Damit können die gemessenen Spektren sehr gut reproduziert werden. Schematisch kann ein Schnitt durch den Akkretionsfluss entlang der Symmetrieachse des Systems daher wie folgt illustriert werden:

Schema eines Akkretionsflusses aus Standardscheibe und ADAF

Welche Akkretionslösungen vorliegen, ist auch eine Frage der Akkretionsrate, d.h. wie viel Masse pro Zeit auf das Zentralobjekt einfällt. Im Lexikoneintrag Akkretion wird dazu ein vereinheitlichendes Schema vorgestellt, das weitere Akkretionslösungen beinhaltet. Ein diesbezüglich wesentlicher Begriff ist auch die Eddington-Leuchtkraft.

Standardscheiben um Schwarze Löcher

Von besonderem Interesse sind die Standardscheiben um ein Schwarzes Loch. Der innere Rand der stabil rotierenden Scheibe liegt auf dem marginal stabilen Orbit, der bei einem Loch wenige Gravitationsradien beträgt. Eine besondere Entartung tritt bei maximal rotierenden Kerr-Löchern auf: die marginal stabile Bahn entspricht dann dem (äußeren) Ereignishorizont, also exakt einem Gravitationsradius. In der Natur kommt das vermutlich nicht vor, weil auf der Basis der Akkretionstheorie Maximaldrehimpulse für die rotierenden Löcher vorgeschlagen wurden (z.B. a = 0.998 M, Thorne 1974).
Kandidaten für Schwarze Löcher gibt es nicht nur in Röntgendoppelsternen, sondern auch in den Zentren von Galaxien. Hier sind sie allerdings deutlich gewichtiger und wiegen Millionen bis Milliarden Sonnenmassen. Standardscheiben muss es somit auch in Aktiven Galaktischen Kernen (AGN) geben. Das konnte auch vielfach mittels astronomischer Beobachtungen nachgewiesen werden: Das modifizierte Schwarzkörper-Spektrum der Standardscheibe macht sich im Galaxienspektrum als breiter Buckel im Bereich der optischen und UV-Strahlung bemerkbar. Dieser so genannte 'große blaue Buckel' (engl. big blue bump, BBB) hat sein Maximum bei etwa 100 Nanometern Wellenlänge. Entsprechend muss sich die Standardscheibe von wenigen zu einigen 10000 Gravitationsradien erstrecken. In anderen Längeneinheiten ausgedrückt reicht die SAD der AGN bis zur pc-Skala.

Verallgemeinerung zur magnetischen Akkretion

Die Standardscheibe ist eine analytische, hydrodynamische Lösung, d.h. Magnetfelder wurden bei der Herleitung nicht beachtet. Die Akkretionsphysiker haben mittlerweile erkannt, dass Magnetfelder eine herausragende Rolle in der Dynamik von Akkretionsflüssen spielen – erst recht in der Nähe eines rotierenden Schwarzen Loches. Eine Erweiterung des theoretischen Regimes stellt die Magnetohydrodynamik (MHD) dar. Im Prinzip wird in diesem theoretischen Zweig die Strömung einer magnetisierten Flüssigkeit untersucht. Ein Durchbruch der MHD-Akkretionsphysik gelang 1991, als Balbus und Hawley eine neue Instabilität entdeckten, die sehr effizient den Drehimpuls in einem rotierenden Akkretionsfluss umzuverteilen vermag. Diese magnetische Rotationsinstabilität (engl. magneto-rotational instability, MRI) oder Balbus-Hawley-Instabilität sorgt für eine magnetisch getriebene Turbulenz, die deutlich stärker ist, als das hydrodynamische Pendant. Die MRI ist verantwortlich für den Drehimpulstransport nach außen – das ist gerade die Voraussetzung dafür, dass die Materie überhaupt ins Zentralobjekt fallen kann. Anders formuliert: Auf dies Weise kann das akkretierte Plasma die Drehimpulsbarriere überwinden und langsam radial nach innen fließen. Radiale Drift und Rotationsbewegung überlagern sich zur charakteristischen einwärts gerichteten 'Strudelbewegung' des Akkretionsflusses. Schließlich endet die Reise für den größten Teil der Materie im Zentrum des akkretierenden Systems. Auf diese Weise wird der Akkretor mit Masse angereichert, wächst und wird noch effizienter. In den AGN ist dieser höchst effiziente Akkretor ein schnell rotierendes, supermassereiches Schwarzes Loch, das eine weithin sichtbare, enorme Leuchtkraft erzeugt. In der Tat erzeugt (paradoxerweise) das Dunkelste, was es im Universum gibt, das Hellste, was es im Universum gibt! Erst wenn der Ereignishorizont die gleißend leuchtende Materie verhüllt, entzieht sie sich der Sicht des Astronomen.

Übergang zu advektionsdominierten Akkretionsflüssen

Wird die Scheibenmaterie heiß genug – ab etwa 10 Mio. Kelvin – wird die Standardscheibe aufgebläht. Die Scheibe evaporiert vornehmlich am Innenrand und wird dadurch geometrisch dick. Dies bezeichnet man als Übergang von einer Standardscheibe zu einer advektionsdominierten Akkretionslösung wie dem ADAF (engl. SSD-ADAF transition oder auch ADAF-SSD transition). Der ADAF könnte in diesem Szenario als Korona fungieren. Alternativ werden auch advektive Tori, also ausgedehnte, heiße, schlauchförmige Akkretionsflüsse diskutiert.

Entstehung oder Vermeidung von Fluoreszenslinien bei verschiedenen Scheibenmodellen

Pseudo-Newtonsche, radiative Hydro-Modelle (mit Wärmeleitung) von Hujeirat & Camenzind (2000) legen nahe, dass die Standardscheibe an ihrem inneren Ende trunkiert, also abgeschnitten, ist. Ursache ist die effiziente Kühlung durch Strahlung und die Berücksichtigung der Wärmeleitung im Plasma. Es ist aufgrund dieser Effekte denkbar, dass sich die Standardscheibe gar nicht bis zur marginal stabilen Bahn erstreckt, sondern der Innenrand schon bei deutlich größeren Radien liegt. An der Oberfläche von Standardscheiben kommt es durch Fluoreszenz zur Emission charakteristischer Röntgen-K-Linien. Dieser Vorgang ist mit einer Reflexion vergleichbar, wo eine hochenergetische Primärquelle – die Korona – einen kalten 'Spiegel' – die Standardscheibe – beleuchtet. Wie obige Abbildung illustriert, sind heiße, ausgedehnte Korona und kalte, reflektierende Scheibe im Szenario trunkierter Scheiben so weit voneinander entfernt, dass es nicht oder kaum zur Reflexion der Primärstrahlung und der Ausbildung von Eisenlinien kommen kann. Das würde erklären, weshalb Astronomen in vielen Quellen keine Röntgen-K-Linien von Eisen beobachten.

Akkretionsphysik erfordert Supercomputer

Der aktuelle Trend der der Akkretionsphysik bewegt sich aufgrund der rapiden Entwicklung von Computern und numerischen Methoden weg von den analytischen Lösungen. Heutzutage schreiben die Akkretionsphysiker aufwendige Computersoftware, die die komplizierten, nichtlinearen und gekoppelten Gleichungen der Hydrodynamik, Magnetohydrodynamik – sogar schon in Verbindung mit der Allgemeinen Relativitätstheorie oder Strahlungsphysik – numerisch löst. Diese wissenschaftliche Software (Solver) produziert riesige Datenmengen, die schließlich mit weiteren Computerprogrammen visualisiert werden. Am Ende der aufwendigen Prozedur, die viele Jahre Arbeit und viel Manpower verschlingt, stehen künstliche geschaffene Bilder und Animationen, die z.B. zeigen wie Materie in ein rotierendes Schwarzes Loch hineinfällt. Das Computerlabor bietet damit die einzigartige Gelegenheit, kosmische Quellen in allen Einzelheiten zu studieren – mehr noch: Der Theoretiker gibt sogar vor, wie sich die Quelle zu verhalten hat.

Vergleich mit der Beobachtung

Die beobachtende Zunft der Astronomen ist dagegen darauf angewiesen, welches Schauspiel die Natur gerade bietet. Die hochauflösenden Beobachtungstechniken wie VLBI erlauben es bereits, die simulierten Bilder und Spektren mit detaillierten Beobachtungsfotos bzw. Spektren zu vergleichen. Daraus resultiert ein physikalisches Verständnis der kosmischen Himmelsobjekte.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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